Eigenwirtschaftlicher Linienverkehr
Eine zentrale Vorschrift im Personenbeförderungsgesetz lautet:
Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sind eigenwirtschaftlich zu erbringen.
Lustigerweise steht diese entscheidende Vorschrift nicht ganz am Anfang des Gesetzes oder wenigstens am Anfang eines Paragraphen, sondern sie findet sich in § 8 Abs. 4 PBefG. Aber das Personenbeförderungsgesetz ist insgesamt merkwürdig gegliedert.
Ursprünglich regelte das Gesetz für den Linienverkehr folgende (vereinfacht am Beispiel dargestellte) Situation:
- Ein Unternehmer stellt fest, dass zwischen den Orten A-Heim und B-Dorf noch kein öffentliches Verkehrsangebot existiert.
- Seine Nachforschungen ergeben, dass zahlreiche Bewohner von Aheim in einer Fabrik in Bedorf arbeiten.
- Er schätzt das Fahrgastpotenzial ab, arbeitet einen Fahrplan aus, kalkuliert Fahrpreise und stellt einen Antrag bei der Genehmigungsbehörde.
- Diese stellt fest, dass das beantragte Verkehrsangebot im öffentlichen Interesse liegt, und erteilt die Genehmigung.
- Die Genehmigung schützt den Unternehmer vor Konkurrenz. Das ermöglicht es ihm den Betrieb aufzunehmen und nach und nach entsprechend der Nachfrage weiterzuentwickeln.
- Da er aber mit der Genehmigung quasi ein Monopol hat, muss er sich den vier Pflichten (Betriebspflicht, Beförderungspflicht, Fahrplanpflicht, Tarifpflicht) unterwerfen. Er muss den Betrieb zuverlässig durchführen, den Fahrplan einhalten (auch wenn mal nur wenige oder sogar keine Fahrgäste mitfahren) und sich an die genehmigten Tarife halten. Er kann also die Preise nicht willkürlich erhöhen, sondern muss dafür die Genehmigung der Behörde einholen.
Dieses stark vereinfachte Fallbeispiel beschreibt grob, wie sich der Öffentliche Personennahverkehr bei uns nach und nach entwickelt hat. Die entscheidende Grundlage für diesen Verlauf war stets die unternehmerische Initiative.
Mittlerweile gestaltet sich die Einrichtung eines Linienverkehrs etwas komplexer. Das in dem Fallbeispiel angeführte öffentliche Interesse wird nun durch einen vom Aufgabenträger (das ist in den meisten Bundesländern der Landkreis) aufgestellten Nahverkehrsplan beschrieben. Nur wenn eine beantragte Linie den Vorgaben dieses Plans entspricht, ist sie überhaupt genehmigungsfähig.
Ein Linienverkehr wird als eigenwirtschaftlich bezeichnet, wenn der Unternehmer die Kosten dieses Verkehrs ohne Zuschüsse ausschließlich mit
- den Beförderungserlösen,
- dem Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen,
- der finanziellen Abgeltung auf Grundlage einer Allgemeinen Vorschrift,
- den Erstattungen für die Fahrgeldausfälle wegen der kostenlosen Beförderung von Schwerbehinderten und
- sonstigen Erträgen (z.B. Werbeeinnahmen)
decken kann.